Verbindung. Statt. Verurteilung.

Ich bin ok. Du bist ok.

Die Zeiten sind gerade sehr herausfordernd. Für uns alle.

Worte, die die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation beschreiben, analysieren und bewerten, sind genügend gefunden, geschrieben und gesprochen worden.

Dazu möchte ich keinen weiteren Beitrag leisten.

Ich widme mich dem Gefühl, dass sich breit zu machen scheint unter uns Menschen. Und dass ich mit Sorge beobachte. Mit Sorge für uns alle. Und mit Sorge in Bezug auf unsere Kinder, die eine Entwicklung erleben, in der Macht, Schuldzuweisung, Orientierungslosigkeit, Wut und Angst, mitsamt all den Formen, in der sie sich äußert, zunehmend vorherrschen.

Ausgerechnet JETZT, wo so viele weltweit verbindende Themen und Probleme uns alle beschäftigen, sollten wir doch unsere Energien in menschliche Grundprinzipien, wie Liebe, Verbindung, Verständnis und Hilfsbereitschaft legen, um gemeinsam Krisen zu meistern, aus denen wir gestärkt hervorgehen.

Was ich hingegen erlebe, sind Schuldzuweisungen, Eingeschränktheit, Abwendung, Unverständnis und Verurteilung derer, die eine andere Sichtweise haben, als man selbst.

Statt konstruktiver Kommunikation höre und lese ich vorwiegend gewaltvolle Worte.

Menschen werden zunehmend kategorisiert, in Schubladen gesteckt. Einige wenige Schlüsselworte reichen. Keine Bereitschaft zuzuhören, auf Feinheiten zu achten, sich ein umfängliches Bild zu machen, miteinander zu interagieren. Und zwar mit der Haltung, die, wie ich befürchte, immer mehr an Bedeutung verliert:

ICH BIN OK. DU BIST OK.

Überall wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es Konflikte, Meinungsunterschiede, Auseinandersetzungen. Konstruktivistisch gesehen hat NIEMAND RECHT. Jeder von uns hat seine eigene Geschichte, Persönlichkeit macht uns aus. Wir haben unterschiedliche Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse.

Das ist auch gut so.

Uns alle verbinden menschliche Grundbedürfnisse. Wir alle wünschen uns, gehört, gesehen und verstanden zu werden. Uns zugehörig zu fühlen.

Schuldzuweisungen, Verurteilung, Eingeschränktheit, Verhärtung führen zur Radikalisierung. Und zwar auf allen Seiten.

Meiner Meinung nach steckt genau darin die größte Gefahr. Dass wir uns aus der Unsicherheit und Orientierungslosigkeit, aus dem Gefühl der Angst, was die meisten von uns gerade begleitet, gegen Menschen radikalisieren. Ohne uns die Mühe zu machen und den Mut aufzubringen, uns gerade den Menschen zu öffnen und zuzuwenden, deren Einstellung und Lebensweise anders zu sein scheint, als die eigene.

Dies mag zunächst einfacher sein. Der andere hat Schuld!

Zielführend, da bin ich mir sicher, ist es nicht. Zumindest dann nicht, wenn man ein menschliches und verbindendes Ziel vor Augen hat.

Lasst uns respektvoll, wertschätzend, offen und empathisch begegnen. Auf Augenhöhe.

Damit ist nicht gemeint, dass wir einer Meinung sein müssen.

Damit ist unbedingt gemeint, dass wir alle in die Schublade Mensch gehören. Dass es eine Entscheidung ist, menschlich zu handeln, indem wir die Bedürfnisse unseres Gegenübers hören und akzeptieren. Um dann einen Diskurs zu führen, der verbindet, statt trennt. Auch wenn die Auffassungen unterschiedlich sind.

Gerade JETZT geht es darum, innerhalb der Beschränkungen und Herausforderungen, unsere Möglichkeiten zu entdecken, zu gestalten und zu leben.

ICH BIN OK. DU BIST OK.

 

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LIEBE.VOLLE(R).ERWARTUNGEN.

„Die Schultern eines Kindes sind nicht dazu da, die Erwartungen ihrer Eltern zu tragen.“ Unbekannt

So ein schöner Satz. So wahr. So eingängig. So nachvollziehbar. So klar. Und so scheinbar logisch.

Und dennoch.

Kaum ein Mensch ist ohne Erwartungen. Erwartungen an sich selbst. Erwartungen an andere.

Beim Lesen dieses Zitates sind mir sofort Bilder von Eltern in den Kopf gekommen, die von ihren Kindern erwarten, dass sie einen angesehenen, akademischen, gut bezahlten Beruf wählen. Von Unternehmerfamilien, in denen meist eines der Kinder mit der generationalen Erwartung konfrontiert ist, das Familienunternehmen weiterzuführen. Und dies natürlich überwiegend in traditioneller Form.

Was den Kindern da aufgeladen wird, ist den meisten Eltern wahrscheinlich nicht bewusst. Ihr Blick ist darauf gerichtet, sich in Gestalt der eigenen Kinder, eigene unerfüllte Wünsche und Träume zu erfüllen. Traditionen fortzusetzen. Fast immer unter dem Vorwand, das Beste für die Nachkommen zu wollen. Sie sollen es besser machen und haben, als man selbst. Man glaubt, beseelt von den eigenen Ideen und der dazugehörigen Vorstellung, die Kinder in eine gute und bessere Zukunft zu geleiten.

Oder zu drängen. Zur eigenen Bedürfnisbefriedigung. Zur Wunscherfüllung. Zur Selbstberuhigung. - Neigen wir dazu unseren Kindern etwas aufzuladen, was nicht ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Was nicht zu ihnen gehört. Sondern zu uns. Das sollte uns klar sein.

Erst beim zweiten Lesen des Zitates und nachdem ich mir beim Ersten innerlich lächelnd auf die Seite meiner Schultern geklopft habe, die mich als gute Mutter auszeichnet, die sich ganz klar von projiziertem Erwartungsdruck distanziert… Erst dann hörte ich mich selbst sagen, als mein 10-jähriger Sohn mir stolz verkündete, er habe sich für die Posaune in seinem Schulorchester entschieden: „Posaune? Warum denn nicht Saxophon? Wie wir es besprochen hatten.“

Wir hatten gar nix besprochen! Ich hatte ihm gesagt, dass, wenn schon Blasinstrument, ja wohl das Saxophon am coolsten sei. Er sagte mir aber nun: „Ich werde Posaune spielen.“ Gedacht hab ich: „Na super.“ Gesehen habe ich meinen Vater, im ultrakonservativen Posaunenchor. Geantwortet habe ich: „Na gut. Ist doch auch schön.“ Geglaubt hat mir das ganz sicher niemand.

Ich habe mich auch schon einmal sagen hören, als Antwort auf die Frage, warum mein Sohn zur Realschule geht (Was eigentlich soll eine solche Frage?): „Schule ist nicht so sein Ding.“ Ich schäme mich dafür. Und ich muss nicht erwähnen, dass ich selbst zur Realschule gegangen bin. Beschwichtigt habe ich mich daraufhin mit dem gleichen ‚Ich wünsche mir doch nur das allertollste Leben für ihn‘-Schwachsinn, wie ich ihn insgeheim anderen Eltern vorwerfe.

Klar ist. Inzwischen auch mir in den allermeisten Situationen. Ich darf auf die Stimme meines Kindes hören und darauf vertrauen, dass es, mit meiner Unterstützung, selbst herausfinden wird, was SEIN allertollstes Leben ist.

Kinder können natürlich, im Laufe ihres Heranwachsens nicht zu jedem Zeitpunkt und in jedem Alter selbst bestimmen, was perspektivisch ‚richtig‘ für den eigenen Lebensweg ist. Dazu fehlt es manchmal an Weitsicht und an Reife.

Wir Erwachsenen dürfen aber lernen, Interesse für die Wünsche und Vorstellungen der Kinder zu haben. Zuzuhören, aufmerksam zu sein. Sie zu bestärken, Dinge auszuprobieren, ihrem Gefühl zu folgen. Im Bewusstsein dafür, dass Fehler zum Lebens- und Lernprozess gehören. Wir dürfen neben unseren Kindern gehen, hinter unseren Kindern stehen. Manchmal auch ein Stück vorneweg, richtungsweisend. Bestärkend. Klar. Und in Liebe und Verbindung.

Denn ich bin mir sicher, dass wir nicht wollen, dass sie ein Leben führen, dass nicht ihrem eigenen Weg entspricht.

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"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben." Hermann Hesse

Liebesgeschichten: #1 Zusammen sind wir weniger allein.

Paartherapie - beim Lesen dieses Begriffs haben die meisten von uns direkt Bilder und Assoziationen im Kopf. Probleme, zerrüttete Beziehungen, Rosenkrieg. Filme, bei denen zwei Menschen distanziert voneinander auf einer Couch sitzen. Gemeinsam einsam. Sich kaum noch was zu sagen. Perspektivenlos.

Jedes Mal wünsche ich mir in solchen Situationen, ich könnte den Film dieser Liebesgeschichte zurückdrehen. Auf Anfang. Oder zumindest auf eine Zeit, die metaphorisch-kitschig, noch mehr Rosatöne hatte als das Alltagsgrau oder die Schattierungen von dunklen Wolken, die bedrohlich über dieser Beziehung schweben.

Ich bin ein großer Fan von Beziehungspflege. An allen Ecken und Kanten des Lebens wird gepflegt, vorgesorgt und abgerundet. Professionelle Beziehungspflege spart man sich viel zu oft so lange auf, bis die Risse schwer zu kitten sind.

Wieso eigentlich?

Zwei unterschiedliche Menschen treffen aufeinander. Mit ihren Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen, Vorstellungen, Ängsten. Jeder mit seiner eigenen Geschichte. Zuerst ist da ganz Viel. Ganz viel Glücksgefühl. Ganz viele Schmetterlinge. Ganz viele Hormone. Ganz viel zu sagen. Ganz viel Zuversicht. Ganz viel Verliebtheit.

Wir alle wissen aber, dass diese erste Phase einer Beziehung nicht ewig bleibt. Sie bildet das Fundament. Die Architektur jeder Paarbeziehung ist immer individuell gestaltbar. Und selbstverständlich zudem von einigen äußeren Faktoren abhängig.

Wie stabil, kreativ, nachhaltig und flexibel dann gebaut und gestaltet wird, liegt in der Hand des Paares.

Bleiben wir bei der Hausmetapher. Bereits bei der Planung holen wir uns fachliche Unterstützung. Stabilität und Nachhaltigkeit stehen ganz oben auf der Liste. Grenzen werden abgesteckt. Funktionalität und Individualität fordern heraus. Alles allerdings in Abstimmung mit Architekten, Handwerkern.

Spätestens nach ein paar Jahren braucht es dann wiederum ein wenig Veränderung, Erneuerung, oder Umgestaltung. Mit dem Wissen darum und einem klaren Gefühl dafür, welchen Teil dieser Arbeit man selbst leisten kann und möchte. Und wofür man selbstverständlich Unterstützung braucht.

Andere merken womöglich, dass das Haus Patina ansetzt. Schieben dies aber ein wenig zur Seite. Ist schließlich alles noch funktionabel. Dann, wenn erste Risse in der Wand auftauchen, werden sie gekittet. In der Hoffnung, dass sie nicht größer und tiefer werden, wohl wissend, dass sie zwar da, aber nicht mehr sichtbar sind. Bis sie irgendwann dann aber unvermeidlich größer werden, neue dazu kommen, kaum noch zu verbergen sind. Dann ist Unterstützung nicht mehr abwendbar, um das Erschaffene zu retten.

Mein Rat: Holt Euch Unterstützung, solange es noch nichts zu retten gibt! Entwicklung auf der Sonnenseite macht so viel mehr Spaß und Sinn, als auf der Schattenseite!

Denn. Es braucht oft nur einen kleinen Blick in eine andere Richtung, um Neues sehen zu können. Eine andere Form des Miteinanders, um sich gesehen zu fühlen. Das Kennen der Bedürfnisse des Anderen. Klare Kommunikation. Das gemeinsame Entdecken von Beziehungsressourcen. Ein Erinnern daran, was verbindet.

Lasst uns gemeinsam neue Möglichkeiten erkunden. Füreinander. Für eine glückliche Beziehung.

Für die Liebe. Ich freue mich auf Euch.

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"Die Angst verhindert nicht den Tod, die Angst verhindert das Leben." Nagib Mahfuz

Die Angst scheint gerade allgegenwärtig. Sprichwörtlich haben wir es alle mit der Angst zu tun. Manche mehr. Manche weniger. Häufig geht es um existentielle Ängste. Was es gefühlt nicht leichter macht.

Einen klaren Vorteil haben wahrscheinlich all diejenigen, die mit Ihr konfrontiert waren und einen Umgang gefunden haben. Im Wissen darum, dass die Angst ein Teil von uns ist, wird man nicht so leicht von Ihr übermannt. Und doch, in Anbetracht der Nachrichten, der Maßnahmen, und in der Allgegenwärtigkeit einer Begrifflichkeit neben der momentan nichts Anderes mehr zu existieren scheint, fällt es schwer, sie nicht übermächtig werden zu lassen. Gut vorstellbar, was in all den Menschen vorgeht, die der Angst nichts abgewinnen können. Die einer so genannten Risikogruppe angehören. Die, infolge der Situation, um ihre Liebsten oder um ihre Existenz fürchten müssen.

Die für mich erstaunlichste und zugleich scheinbar einfachste und offensichtlichste Begleiterscheinung liegt in der Beobachtung, dass alle Menschen gegenwärtig genauso agieren und reagieren wie immer.

Nur extremer.

Logisch, wir sind ja auch extrem gefordert.

Ich sehe genau hierin eine großartige Chance. Eine Möglichkeit der Weiterentwicklung, des Hinauswachsens über das, was wir bislang für möglich gehalten haben.

Ich denke an eine wachsende Solidarität, an ein neues Miteinander, an Unterstützung. In allen denkbaren Formen.

Und ich denke daran, dass es in herausfordernden Zeiten, in denen wir sogar an gewohnter Freiheit einbüßen müssen, möglich ist, an genau diesen Grenzen und Grenzerfahrungen, die wir jetzt machen müssen und dürfen, wachsen zu können.

Echtes Wachstum hat natürlich immer auch Teile von Auseinandersetzung, von Reibung, von Neuem, bislang Unbekanntem. Von Schmerz. Von Ungewissheit und Ungeduld. Von Aushalten und Durchhalten.

Dies gilt gleichermaßen für Lebensereignisse, für gesellschaftliche Umstände, für zwischenmenschliche Beziehungen.

Hier und jetzt sind wir alle gefordert. Im Kleinen wie im Großen.

Fangen wir doch bei uns an.

In unseren Beziehungen, in der Familie, mit den Menschen, mit denen wir gerade ungewohnt viel Zeit geschenkt bekommen.

Was für eine Möglichkeit, alten Strukturen eine neue Richtung zu geben, miteinander auszuhalten, Neues auszuprobieren, Grenzen neu zu verhandeln, über sie hinauszuwachsen. Zu erkennen, wo es leicht und wo es schwierig ist. Zu reden, wo sonst geschwiegen wird. Zu schweigen, wo sonst geredet wird.

Erfahrungen zu machen.

In der Beschränktheit einer Quarantäne.

Mit den Menschen, die da sind. Hier und jetzt.

Und darüber hinaus.

Die daraus entstandenen Möglichkeiten, die Blickrichtungen, die Erfahrungswerte, die Gefühle – tragen uns in eine Welt hinaus, die nicht mehr so sein wird, wie davor.

Diese gedachte und gefühlte Zukunft wird so für mich hoffnungsvoll.

Wir haben gelernt, aus einer Krise. In einer Krise. Durch eine Krise.

Mithilfe von Menschen.

Wir haben geklärt, positive und negative Gefühle und Momente ausgehalten.

Wir haben Ressourcen und Potentiale erkannt. Wir haben uns gestärkt und geschwächt.

Damit hinaus ins Leben zu gehen. Damit den Herausforderungen zu begegnen, die dann auf uns zukommen. Damit die zu unterstützen, denen nicht die Möglichkeit gegeben war, Kraft und Energien zu sammeln.

Das bedeutet für mich Leben.

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